Straßenbahn, Hiroshima

Von Richard Dove

Gedichte
300 S., geb., 2011

ISBN 978-3-89086-487-7
Sommermorgen, drückende Schwüle, Gequake von Fröschen / In den Reisfeldern. Diesig, Konturen sind nicht zu erkennen. / Glitzernde Blätter im Garten, ein Haiku von Altmeister Bashō, / Eines Flugzeugs Motorenlärm und Zikadengesurre. / Äquivalénz / spréng / kráft: Molossós für stärkere Nerven … / Im Fall Uran rund zweihundert MeV/Spaltereignis … / Bei der Abbremsung der Spaltbruchstücke entsteht Energeia: / Ist n größer als 1, werden aus dieser ersten Spaltung / Neue Spaltneutronen freigesetzt, die dann auch weitre / Reaktionen auslösen; in nur einer Millisekunde / Schaukelt sich, gleichsam lawinenartig, dieser Effekt hoch … / «Beispiellos wäre, erhaben schön, die Wirkung zu nennen.» / Pornographie? «Wir alle sind nun Hurensöhne.» / Hinter der Gartenmauer blitzt plötzlich ein schreiendes Licht auf, / Wie eine zweite Sonne doch stärker, gewaltiges Blitzlicht, / Gelblichweiß, magnesiumweiß, und die Steinlaterne, / Die dem Mond keine Konkurrenz ja bieten darf, leuchtet – / Offenbarung zum Frühstück – geradezu apokalyptisch. / Daidai, saure Orange, im Garten: Die eine Seite, / Dem Epizentrum am nächsten, ist gleich nur noch bittere Schlacke; / Sandstein-Buddha, das linke Auge, die linke Wange / Schwarz, wie von einem Napalmklümpchen jäh angefallen.