“ICH”

Alles, was dieser eigensinnige Dichter schreibt, sträubt sich eigentlich gegen den Versuch einer ‘Vertonung’. Nicht nur, weil diese Lyrik selbst schon Musik genug ist, um einen etwas abgegriffenen Allgemeinplatz zu bemühen, sondern auch, weil hier knapp und karg mit engmaschiger Wortzeichnung gearbeitet wird, und zwar so dicht, dass für eine akustische Ebene kein Platz zu sein scheint. […] Pierre-Dominique Ponnelle hat aus der “messingstadt” intuitiv das Stück herausgesucht, das in dem Gedichtband durch seine Unmittelbarkeit heraus leuchtet. Dabei glänzen die 18 kurzen Zeilen ganz im Sinne der eingangs beschriebenen Tugenden. Der Dichter entwirft mit einer listig auftretenden Beiläufigkeit eine Phantasie vom verlorenen ICH, so unbekümmert und waghalsig als habe er weiland der Emily Dickinson über die Schulter geschaut.

-Reinhard Ermen, Auszug aus dem Text

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Ich ist ein wesen


das verschwindet

eine attacke


ein dreikampf


wortreiche


satz=


untergänge

und hat vor


jahren schon in


brombeer=


ranken gesteckt

(niemandem


fiels auf)

geriet auf


den zaun


(wie zufällig)


ein schwieriger


platz

Parallelband: Ponnelle. Meine Minsker Jahre

Erich Jansen. “Die Tochter des Glasbild-Fabrikanten”

Adrian Krug und die Rimbaud-Autoren Reinhard Kiefer und Christoph Leisten stellen einen neuen Band mit Gedichten von Erich Jansen vor. “Die Tochter des Glasbild-Fabrikanten“. Es ist ein Buch, das “Wort und Bild vereint”, einen poetischen Blick auf die Stadt Linnich um 1900 wirft. Gedichte und historische Photografien stehen nebeneinander. Im Anschluss an die Lesung fand ein anregendes Gespräch mit dem Publikum statt.

Das Buch wurde im Deutschen Glasmalereimuseum Linnich am 21.11.2021 vorgestellt.

Goethe Studien 03 – Kein Freund des Bestehenden

Aus der Vorbemerkung:

Goethes Kritik der Französischen Revolution und revolutionärer Importe bedeutet nach seinen von Eckermann überlieferten Worten aber nicht, dass man ihn den geistigen Restauratoren der alten Ordnung zurechnen dürfe. Er sei kein „Freund des Bestehenden“ im Sinne von „Freund des Veralteten und Schlechten“. Die folgenden Studien zu Hermann und Dorothea, zur Natürlichen Tochter und zum I. und IV. Akt im zweiten Teil des Faust werden zeigen, dass Goethe in der poetischen Auseinandersetzung mit dem großen Thema seiner Zeit tatsächlich kein Freund des Bestehenden bzw., wie 1830 im Brief an Freund Zelter noch eindeutiger formuliert, des „noch“ Bestehenden ist. Insofern hat der provokative Titel, unter dem die vier Studien, ursprünglich Vorträge vor der Aachener Goethe-Gesellschaft, nun erscheinen, seine Berechtigung.

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Inhalt:

Die beiden Ringe der Dorothea. Revolution und Reaktion in Goethes Herrmann und Dorothea.

Vorrevolutionäre Zustände. Goethes Trauerspiel Die natürliche Tochter.

„Mißgestalt“ und „Ungesetz“. Das Alte Reich in Goethes Faust II, 1. Akt

Kaiser, Gegenkaiser und die romantischen Gespenster. Zu Goethes Faust II, IV. Akt

Ein Hermelin in Tschernopol

Nun war dieser lässige und elegeante Sprachkünstler, der ganz nebenbei seinen beissenden Spott über alles und jeden ausbreiten konnte, in der biederen deutschen Literaturgesellschaft tatsächlich schwer vorstellbar, zumal Gregor von Rezzori, wie sich später herausstellte, in Deutschland eine “Spur der Verwüstung” hinterlassen hatte: Sein Konto für Beleidigungen, Schulden und andere Kavaliersdelikte war heillos überzogen.


Am Ende wusste nicht einmal er selber mehr zwischen Wahrheit und Fiktion zu unterscheiden: “Er liess sich bei Flunkereien ertappen, die tatsächlich darauf zielten, seiner Herkunftsgeschichte einen Glanz zu geben, der schwerlich Glaubwürdigkeit beanspruchen konnte”, hat er später geschrieben.

– Michael Krüger

“Die Klarheit, mit der Herr von Rezzori diese Stumpfheit und Blödheit des unreflektierten Soldaten-Gehorsams im Ersten Weltkrieg durchschaut, hat mich fasziniert. Sie nimmt die furchtbaren Ereignisse des Zweiten Weltkriegs fast prophetisch vorweg, skizziert die späteren, unheilvollen Entwicklungen in einer genialen Weise, so dass es einem unheimlich beim Lesen zumute wird.”

– Korinna Scheidt, Ganze Rezension HIER

Celan Studien (Neue Folge) 07 – “Du hast mit deinen Sternen nicht gespart”

Im umfangreichen Nachlass von Rose Ausländer finden sich zahlreiche Dokumente, Fotos und Texte zu den Begegnungen mit ihrem Landsmann Paul Celan. Auf dieser Basis zeigt Helmut Braun, der Nachlassverwalter der Dichterin, das Verhältnis der Poetin und des Poeten. Beider Leben und Werk ist durch die Shoa gezeichnet. Paul Celan zerbricht am Erlittenen; er geht in den Freitod. Rose Ausländer findet im hohen Alter ihren Frieden: „Ich erwarte nichts, aber ich lebe gern.“

1957, nach der Lektüre von Paul Celans Büchern Mohn und Gedächtnis und Von Schwelle zu Schwelle, notierte Rose Ausländer: „Der Tod hat seinen besten Dichter ins Leben gerufen“.

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Helmut Braun begleitete Rose Ausländer 13 Jahre lang bis zu ihrem Tod im Jahr 1988. Zunächst als ihr Verleger, danach als Herausgeber ihres Gesamtwerkes und ihr Biograf. Sie bestimmte ihn testamentarisch zum Verwalter ihres Nachlasses. Er ist Vorsitzender der Rose Ausländer-Gesellschaft e.V. in Köln. Seit 1992 ist er mit Ausstellungen, Vorträgen und Lesungen als Wanderprediger für die Dichterin unterwegs.

RTB 114 – Der Außerirdische. Stories

“Du schreibst so unverdruckst und schamlos über Sex, wie es notwendig und unersetzbar ist. In hoher literarischer Qualität über solche Themen zu schreiben, traue ich nur höchst wenigen zu. Du beweist in Deinen Texten, dass ein Alterswerk überhaupt nicht weise, schlaff sein und den langen Bart des Immerschongeschriebenen haben muss.”

-Hermann Kinder, 2021 in einer Mail an den Autor

Boot und Tier

Mathias Jeschke, geboren 1963 in Lüneburg, aufgewachsen in der Lüneburger Heide. Er studierte Theologie in Göttingen, Heidelberg und Rostock. Seit 1999 lebt er in Stuttgart und arbeitet dort als Verlagslektor. Für seine literarische Arbeit erhielt er ein Stipendium des Landes Mecklenburg-Vorpommern und den Würth-Literatur-Preis.

Venedig, 1911

“Auf artifiziell höchster Ebene vermittelt Martin Frank nach Luchino Visconti und Benjamin Britten einen weiteren Zugang zu Thomas Manns Novelle.”

Bernhard Albers

Interview mit Reinhard Kiefer

Reinhard Kiefer im Gespräch mit Reinhard Ermen über das Thema Musik und Musikalität im Werk von Reinhard Kiefer.
Das Gespräch wurde am 07.05.2021 aufgezeichnet.

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RTB 110 – Willi Baumeister, Korrekturen

Aus der Einführung:

Blickt man auf das Œuvre von Hans Werner Geerdts, dann ist der Einfluss Willi Baumeisters unschwer zu erkennen. Mit “Willi Baumeister, Korrekturen” liegt nun ein Hans Werner Geerdts gedanklich prägendes Fundament vor, das sich nicht nur an seinen Freundeskreis richten möge.

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“Ich lebte die Montaru-Bilder von Baumeister: Diese schwarze Mitte hat auch die Eigenschaft des Nichts, des Vakuums, der Leere. So wird eine Wirkung und Gegenwirkung in einer einzigen Form gezeigt.”

-GEE