Autor: Rübner, Tuvia

Granatapfel

Frühe Gedichte
Mit einem Nachwort von Hans Otto Horch
64 S., geb., 1995

ISBN 978-3-89086-855-4
"Der Titel des schmalen Bandes mit frühen deutschen Gedichten Tuvia Rübners empfiehlt ein Gedicht der Sammlung beseonderer Aufmerksamkeit: Granatapfel. Seit dem Altertum ist der in Hainen angesiedelte krummästig-dornige, scharlachrot blühende Granatapfelstrauch, Punica granatum, im vorderen Orient als Fruchtbaum heimisch; die reife Frucht enthält in einer dünnhäutigen Hülle viele Samenkerne und wurde deshalb früh als Fruchtbarkeitssymbol angesehen - geweiht der phönizischen Astarte ebenso wie Demeter, Hera, Aphrodite oder Athene, verwendet bei Mysterien und vielfach dargestellt. Von der emphatischen Fruchtbarkeitssymbolik findet sich freilich im Gedicht kaum eine Spur - dafür eine emblematische Struktur, wie sie sich im Emblemata-Handbuch Arthur Henkels und ALbrecht Schönes nachschlagen läßt: der Granatapfel erscheint da als Sinnbild der Verbindung guter und schlechter Eigenschaften." - Hans Otto Horch, aus dem Nachwort
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Granatapfel
Aus Schattengrün entgegen das Purpurrot,

geheime Frucht mir leuchtet im dunklen Laub.

- Wo Apfel, hell, wo reife Birne,

flaumige Pflaume und samtner Pfirsisch?
Dort, wo sie birst und glasige Fülle quellt,

metallen glänzend drängt sich dicht Kern an Kern.

Und tausend Augen starren lidlos,

Tränen vergaßen die kühlen Augen.
So spiegelt klar und liegt in ergriffner Hand

Geheimnis kalter Flamme und stummen Seins.

Und tiefer fühl ich und begreife

Sehnsucht und Sprache und Nacht der Toten.