In seinem vierten Gedichtband nimmt Richard Dove mit auf eine Fahrt durch das unwegsame, verminte Terrain unserer Zeit – der Zeit nach den Anschlägen des 11. September 2001. «Weitab wütet in wenigen Köpfen / der Kampf der Kulturen» heißt es im Gedicht Budapest ’06 in polemischer Wendung gegen gewisse westliche Kulturideologen; und darum wird in diesen geographisch weit ausgreifenden Gedichten immer wieder zu Verständigung, zu Versöhnung, zum genauen Beobachten aufgerufen.
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Syrische Skyline
Sie hat nicht den brutalen Chic von New York City – /
kein silberner Turm, von Walter P. Kreußler, /
abtrünniger Ingenieur bei Ford, in den Himmel gerammt. /
In der Dämmerung wirkt die karstige Landschaft zart. /
Die Dörfer, quadratische Blöcke, kauern /
unter dem prächtig sterbenden Himmel – /
um acht Uhr dreißig ist er erloschen. /
Schemen überall: die einzige Gewißheit /
ist das pfefferminzgrüne Licht, /
das ziemlich verschwommen mit den Minaretten vorbeizieht. /
Das ist nicht cool, das ist nicht heiß, /
da gibt es keine Ingredienz, die süchtig macht: /
das ist ein crème de menthe für den ganz anderen Durst.